Englische Dialekte

Eine sprachliche Reise durch das Vereinigte Königreich

London

Wenn man an Großbritannien denkt, fallen einem neben den Kalksteinküsten und dem einzigartigen britischen Humor sofort auch die vielfältigen englischen Dialekte ein, die das Land zu bieten hat. Vom geschliffenen Queen’s English bis hin zum rauen Cockney – sie sind so unterschiedlich wie die Regionen, aus denen sie stammen. Daher möchten wir in diesem umfassenden Artikel in die Feinheiten der britischen Sprache eintauchen und herausfinden, was sie so besonders und faszinierend macht.

Die bekanntesten britischen Dialekte

Received Pronunciation (RP)

RP ist auch bekannt als „Queen’s English“ oder „BBC English“. Diesen Dialekt bringen viele mit der britischen Oberschicht und formellen Situationen in Verbindung. Er wird zwar oft als das „Standard“-Englisch betrachtet, jedoch sprechen ihn nur etwa 2% der Bevölkerung.

Charakteristika:

  • Klare Aussprache von Konsonanten
  • Lange Vokale
  • Nicht-rhotisch (das „r“ wird nur vor Vokalen ausgesprochen. Z.B. in „right“ aber nicht in „better“)

Berühmte Sprecher: Die königliche Familie, viele BBC-Nachrichtensprecher

Hörbeispiel (In-House Sprecher Pete Edmunds):

Received Pronunciation
Queen Elizabeth II1

Cockney

Dieser Londoner Regiolekt ist bekannt für seine einzigartige Aussprache und seinen Rhyming Slang. Er wird oft mit der Arbeiterklasse im East End von London assoziiert.

Charakteristika:

  • Glottaler Stopp (z.B. „bu’er“ statt „butter“)
  • Th-Fronting („fink“ statt „think“)
  • Rhyming Slang (z.B. „apples and pears“ für „stairs“)

Berühmte Sprecher: Adele, Jason Statham2

Hörbeispiel (In-House Sprecher Pete Edmunds):

Cockney Accent
Pete Edmunds3

Scouse

Scouse ist der Dialekt aus der Hafenstadt Liverpool. Er wurde berühmt durch die Beatles, besitzt einen unverwechselbaren nasalen Klang und eine schnelle Sprechweise. Der Begriff Scouse kommt von dem Wort „Lobscouse“ (dt. „Labskaus“) und beschreibt eine traditionelle seemännische Mahlzeit.

Charakteristika:

  • Nasaler Klang
  • Schnelles Sprechtempo
  • Einzigartige Vokallaute (z.B. „book“ klingt wie „buck“)
  • Scouse verwendet die aus dem irischen Englisch entlehnten Pronomina youse anstelle von you („ihr“, 2. Person Plural) und me statt my („mein“)
  • Nicht-rhotisch

Berühmte Sprecher: Die Beatles, John Bishop, Steven Gerrard

Hörbeispiel (BBC Archive)

Scouse Accent
The Beatles4

Geordie

Dieser Dialekt aus Newcastle Upon Tyne ist für viele Nicht-Briten einer der schwierigsten zu verstehen, aber auch einer der charmantesten. Er ist laut „The Telegraph“ „the most sexiest accent in the UK“5. Geordie weisst weniger Einflüsse aus der französischen und der lateinischen Sprache auf als z.B. das Englisch aus dem Süden.

Charakteristika:

  • Starke Glottalisierung
  • Einzigartige Vokale (z.B. „town“ klingt wie „toon“)
  • Verwendung von Wörtern wie „howay“ (come on) und „pet“ (als Anrede)

Berühmte Sprecher: Cheryl Cole, Sting und Rowan Atkinson

Hörbeispiel (Youtube)

Geordie Accent
Sting6

Scottish

Schottische Dialekte variieren stark, von den sanften Highlands-Tönen bis zum harten Glaswegian. Sie alle haben jedoch eines gemeinsam: Das unverkennbare „rolled R“.

Charakteristika:

  • Gerolltes „R“
  • Glottaler Stopp
  • Einzigartige Vokale und Diphthonge

Berühmte Sprecher: Sean Connery, Ewan McGregor

Hörbeispiel (Wikimedia Commons)

Scottish Accent
Ewan McGregor7

Welsh English

Der walisische Dialekt ist bekannt für seine melodische, singende Qualität. Es handelt sich eigentlich um eine alte keltische Sprache mit gerade einmal 750.000 Muttersprachlern. Sie ist trotzdem die meist gesprochene keltische Sprache weltweit.8

Charakteristika:

  • Singender Tonfall
  • Betonung oft auf der vorletzten Silbe
  • Bestimmte Konsonanten werden anders ausgesprochen (z.B. wird „th“ oft zu „d“ oder „f“)

Berühmte Sprecher: Catherine Zeta-Jones, Anthony Hopkins

Hörbeispiel (Wikimedia Commons):

Welsh Accent
Catherine Zeta-Jones9

Englische Dialekte: Der Ursprung der Kontraste

Die Vielfalt der britischen Dialekte lässt sich auf verschiedene Faktoren zurückführen:

  1. Historische Isolation: Vor der industriellen Revolution und dem Aufkommen moderner Transportmittel waren viele Regionen relativ isoliert, was zur Entwicklung spezifischer Dialekte und Akzente führte.
  2. Einwanderung: Verschiedene Einwanderungswellen haben lokale Dialekte beeinflusst. Zum Beispiel wurde der Cockney-Dialekt stark von den Einwanderern beeinflusst, die sich im East End von London niederließen.
  3. Soziale Klassen: Die starke Klassengesellschaft in Großbritannien hat zur Entwicklung von Akzenten beigetragen, die mit bestimmten sozialen Schichten assoziiert werden.
  4. Keltischer Einfluss: In Regionen wie Wales, Schottland und Nordirland haben die keltischen Sprachen die lokalen englischen Dialekte stark beeinflusst.
  5. Industrialisierung: Die industrielle Revolution führte zu großen Bevölkerungsbewegungen, die wiederum zur Vermischung und Entwicklung neuer Akzente beitrugen.

Die Bedeutung von Akzenten und Dialekten in der britischen Kultur

In Großbritannien spielt der Akzent eine wichtige Rolle bei der Identitätsbildung. Er kann Aufschluss geben über:

  • Herkunftsregion
  • Sozialen Status
  • Bildungshintergrund
  • Kulturelle Zugehörigkeit
Ein typisch-britischer Pub

Akzent-Diskriminierung: Ein anhaltendes Problem

Obwohl sich die Einstellungen in den letzten Jahren geändert haben, können bestimmte Akzente und Dialekte immer noch zu Vorurteilen führen. Studien haben gezeigt, dass Menschen mit bestimmten regionalen Dialekten bei Vorstellungsgesprächen oder in akademischen Umgebungen benachteiligt sein können.10 Dies hat zu Diskussionen über „accent-bias“ geführt und zu Forderungen nach mehr Akzeptanz und Vielfalt in Medien und Arbeitswelt.

Code-Switching und Akzent-Anpassung

Viele Briten modifizieren ihren Dialekt je nach Situation, ein Phänomen, das als „Code-Switching“ bekannt ist. Dies kann bewusst oder unbewusst geschehen und dient oft dazu, sich in verschiedenen sozialen oder beruflichen Kontexten anzupassen. Code-Switching wurde früher als Sprach-Defizit angesehen, gilt aber mittlerweile als erstrebenswert und wertvoll.

Britische Dialekte in den Medien

Englische Dialekte erfreuen sich weltweit großer Beliebtheit. Sie werden oft in Filmen und TV-Serien verwendet, um bestimmte Charaktereigenschaften zu vermitteln:

  • RP wird oft für aristokratische oder intellektuelle Figuren verwendet
  • Cockney für schlaue, streetwise Charaktere
  • Schottische Akzente für mutige, leidenschaftliche Persönlichkeiten
  • Geordie oder Scouse oft für humorvolle, bodenständige Charaktere

Diese Stereotypen sind zwar vereinfachend, zeigen aber, wie stark Akzente unsere Wahrnehmung beeinflussen können.

Monty Python11

Britischer Dialekt im Laufe der Zeit

Wie alle Aspekte der Sprache sind auch englische Dialekte nicht statisch. Sie entwickeln sich ständig weiter, beeinflusst durch Faktoren wie:

  1. Medien und Technologie: Der zunehmende Konsum von Medien aus verschiedenen Regionen und anderen Ländern führt zu einer Vermischung von Akzenten, bzw. Dialekten.
  2. Mobilität: Erhöhte Mobilität der Bevölkerung führt zu mehr Kontakt zwischen verschiedenen regionalen Aussprachen.
  3. Multikulturalismus: In Großstädten wie London entstehen neue Dialekte, die Elemente verschiedener Kulturen und Sprachen vereinen.
  4. Globalisierung: Der internationale Einfluss, insbesondere des amerikanischen Englisch, beeinflusst die britische Sprache stark.

Lernen und Bewahren von Dialekten

Für Sprachenlerner kann das Erlernen eines spezifischen britischen Dialekts eine große Herausforderung sein. Es gibt jedoch zahlreiche Ressourcen:

  1. Online-Tutorials und YouTube-Videos
  2. Spezialisierte Sprachschulen und Akzent-Trainer
  3. Immersionsprogramme in verschiedenen Regionen Großbritanniens
  4. Sprachlernapps mit Fokus auf Aussprache und Akzent

Gleichzeitig gibt es Bemühungen, lokale Sprach-Variationen zu bewahren, da sie ein wichtiger Teil des kulturellen Erbes sind. Projekte wie das „Voices“ Archiv der British Library dokumentieren und erhalten die Vielfalt der britischen Dialekte für zukünftige Generationen.

Die Zukunft der britischen Dialekte

Experten diskutieren, wie sich die britische Sprache in Zukunft entwickeln wird. Einige Trends:

  1. Akzent-Levelling: Eine Tendenz zur Angleichung von Akzenten, besonders in städtischen Gebieten.
  2. Multicultural London English: Ein neuer Akzent, der Elemente verschiedener Kulturen vereint.
  3. Erhalt regionaler Identitäten: Trotz Globalisierung bleiben viele Menschen ihren lokalen Dialekten treu.
  4. Technologischer Einfluss: Sprachassistenten und KI könnten die Entwicklung und Wahrnehmung von Sprache beeinflussen.

Fazit

Die britischen Dialekte sind ein faszinierender Aspekt der englischen Sprache und der britischen Kultur. Sie erzählen Geschichten von Migration und sozialer Entwicklung. Von den aristokratischen Klängen des RP bis zum rauen Charme des Geordie – jede Sprach-Variation trägt zur reichen linguistischen Tapisserie Großbritanniens bei.

Ob man nun plant, Englisch zu lernen, nach Großbritannien zu reisen oder einfach nur ein Liebhaber der Sprache ist – die Erforschung der britischen Linguistik öffnet eine Tür zu einem reichen kulturellen Erbe. Sie erinnert uns daran, dass Sprache lebendig ist, sich ständig entwickelt und ein Spiegel der Gesellschaft ist, in der sie gesprochen wird.

In einer Welt, die zunehmend global und vernetzt ist, bleiben die britischen Dialekte ein Zeugnis für die Vielfalt und Einzigartigkeit lokaler Kulturen. Sie zu verstehen und zu schätzen kann uns helfen, die Komplexität und Schönheit der englischen Sprache in all ihren Facetten zu erfassen.

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  1. KI generiert (Dreamshaper) 
  2. https://www.britishpronunciation.com/7-celebrities-who-speak-with-cockney-accents/ 
  3. https://vellocet-audio.com/englischer-sprecher-pete/ 
  4. EMI, Public domain, via Wikimedia Commons https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/9f/Beatles_ad_1965_just_the_beatles_crop.jpg 
  5. https://www.telegraph.co.uk/news/newstopics/howaboutthat/7578061/Geordie-accent-sexiest-in-Britain.html 
  6. Picture by Yancho Sabev. File URL: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f4/Sting_by_Yancho_Sabev.jpg CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0??
  7. Nicolas Genin from Paris, France, CC BY-SA 2.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0, via Wikimedia Commons
  8. https://de.wikipedia.org/wiki/Walisische_Sprache
  9. David Shankbone, CC BY 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by/3.0, via Wikimedia Commons
  10. Levon, E., Sharma, D., Watt, D. J. L., Cardoso, A., & Ye, Y. (2021). Accent Bias and Perceptions of Professional Competence in England. Journal of English Linguistics, 49(4), 355-388. https://doi.org/10.1177/00754242211046316 
  11. Eduardo Unda-Sanzana, CC BY 2.0 https://creativecommons.org/licenses/by/2.0, via Wikimedia Commons 

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